VSLÖ Empfehlung Corona-Virus COVID-19 und Stillen

Stand 14.3.2020

Das Corona-Virus COVID-19 ist eine neue Variante einer viralen Erkrankung der Atemwege und wirft viele Fragen auf. Aktuell können Handlungsempfehlungen nur auf Basis anderer ähnlicher viraler Erkrankungen (SARS, MERS) und aus wenigen Fallberichten aus China abgeleitet werden.

Der VSLÖ erlaubt sich hiermit gemeinsam mit der ÖGKJ (Österr. Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde) eine Empfehlung für den Umgang mit an COVID-19 erkrankten Müttern und ihren Neugeborenen bzw. gestillten Kindern auszusprechen, die an diesen aktuellen Wissensstand angelehnt sind.

Bisher gibt es keine Hinweise, dass eine intrauterine Transmission und somit eine Ansteckung des Ungeborenen während der Schwangerschaft erfolgt. Ob sich das Ungeborene peripartal im Vaginalkanal infizieren kann und dies durch eine Sectio zu verhindern wäre, ist ungewiss. Der Geburtsmodus sollte individuell mit jeder Frau besprochen werden (Empfehlung der CDC).

Post partum erfolgt eine mögliche Ansteckung über Tröpfcheninfektion durch Husten, Niesen und auch durch direkten Kontakt mit den Ausscheidungen (Stuhl, Urin).

Muttermilch enthält gegen alle Erreger, mit denen die Mutter (und teilweise auch das Kind) in Kontakt kommt Antikörper (sIgA). Diese Antikörper schützen das gestillte Kind und verbessern seine eigene Immunantwort. Stillen schützt also vor Infektionen – eine Übertragung des Corona-Virus über die Muttermilch ist bisher nicht beschrieben.

Aufgrund des Übertragungsweges müssen also 2 Fälle unterschieden werden:

1. Eine positiv auf Corona COVID-19 getestete Schwangere entbindet und möchte stillen:
Eine Trennung von Mutter und Kind kann unterlassen werden, sofern es der Wunsch der Mutter/Eltern ist und es dem Kind gut geht bzw. dieses nicht auf der Neugeborenenstation betreut werden muss. Ein ausführliches Gespräch zwischen der betroffenen Familie und dem behandelnden Team über Risiken und Vorteile sollte dieser Entscheidung vorangehen.

Diese Empfehlung kann sich ändern, sollten sich neue Erkenntnisse ergeben.

Wichtig sind entsprechende Hygienemaßnahmen rund ums Stillen bzw. der Verabreichung von Muttermilch oder Ersatznahrung im Zusammenhang mit COVID-19-Infektionen bzw. Verdachtsfällen:

  • Ausreichend langes Händewaschen der infizierten oder fraglich infizierten Person vor Berühren des Säuglings, der Milchpumpe und sämtlicher anderen möglicherweise notwendigen Utensilien (Flasche, Sonden, Stillhütchen, etc.).
  • Tragen einer entsprechenden Gesichtsmaske beim Anlegen an der Brust, um eine Übertragung durch Tröpfcheninfektion zu verhindern.
  • Penibles Einhalten der empfohlenen Reinigungs- und Sterilisationsmaßnahmen von Pumpen und allen mit dem Stillen in Zusammenhang stehenden Utensilien nach jedem Gebrauch.
  • Ist die Mutter nicht in der Lage, ihr Kind zu stillen, kann gewonnene Muttermilch bedenkenlos und ohne Vorbehandlung durch eine gesunde Person an das Neugeborene verabreicht werden.
  • Striktes Einhalten von Sterilisationsrichtlinien bei der Herstellung von Ersatzsäuglingsnahrung. Sterilisation der Fläschchen nach jedem Gebrauch.

2. Eine Stillende erkrankt und wird positiv auf COVID-19 getestet:
In diesem Fall ist davon auszugehen, dass das gestillte Kind bereits Tage zuvor (Inkubationszeit 2-14 Tage, vielleicht auch länger) dem Virus ausgesetzt war. Das Stillen sollte nicht unterbrochen werden. Die Antikörper in der Muttermilch helfen dem Kind eine Infektion am besten abzuwehren. Eine Unterbrechung des Stillens würde das Risiko des Kindes erhöhen, zu erkranken bzw. den Krankheitsverlauf erschweren. Solange die stillende Mutter körperlich in der Lage ist zu stillen, soll sie anlegen.

Sollten sich aufgrund neuer Fallberichte neue Erkenntnisse ergeben, werden wir versuchen, unsere Empfehlungen schnellstmöglich zu aktualisieren.

Dr.in Gudrun Böhm, IBCLC, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Dr.in Christiane Braumann, IBCLC, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Allgemeine Empfehlungen für Österreich:
Bei Verdacht auf Ansteckung ist es ratsam die Gesundheitshotline 1450 (keine Vorwahl notwendig) anzurufen und den dort gegebenen Anweisungen zu folgen.

Auch die Infoline 0800/555 621 steht rund um die Uhr für Fragen hinsichtlich des Coronavirus zur Verfügung.

Stets aktuelle Antworten auf viele Fragen finden sich auf der Homepage der AGES: https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

Literatur:
Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) and Pregnancy: What obstetricians need to know Sonja A. Rasmussen, MD https://doi.org/10.1016/j.ajog.2020.02.017

https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/specific-groups/pregnancy-guidance-breastfeeding.html

https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30360-3/fulltext

La leche league international, Continuing to nurse your Baby through coronavirus (2019-nCoV; COVID-19) and other respiratory infections, 19 february 20

Center for Disease Control and Prevention, https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-nCoV/hcp/index.html

AAP Recommendations for Prevention and control of influenza in children, 2019-2020 https://pediatrics.aappublications.org/content/144/4/e20192478

https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/

https://www.dggg.de/fileadmin/documents/Weitere_Nachrichten/2020/20200312_GBCOG_FAQ_Corona.pdf

https://www.rcog.org.uk/en/news/national-guidance-on-managing-coronavirus-infection-in-pregnancy-published